Rechnungshofbericht

Rechnungshofbericht

Rechnungshofbericht 1024 768 Verein Pro Gmundner Straßenbahn

Rechnungshofbericht

Auf Initiative einiger Gmundner Bürgerinnen und Bürger unterzog der Rechnungshof (RH) die Realisierung der Traunseetram einer Prüfung. Der RH hielt als Ergebnisse fest: Die Traunseetram sei auf dem Stand der Technik errichtet, leistungsfähig und modern. Der Kostenrahmen wäre nicht nur eingehalten, sondern sogar unterschritten worden. Die Tram befördere aber im Vergleich zu ihrer Leistungsfähigkeit derzeit zu wenig Fahrgäste und habe noch nicht die volle Systemwirksamkeit erlangt. Dies deshalb, weil u. a. die geplante, aber noch nicht ausgeführte Ausweiche in Kirchham nur einen unregelmäßigen Fahrplantakt erlaube, der geplante attraktive Zugang zur Siedlung Schörihub und die bisher nicht realisierte Park & Ride-Anlage in Engelhof fehlen und auch die noch nicht fertiggestellte Remise in Engelhof zu einem vorzeitigen Altern der Tramlink-Fahrzeuge führen würden.

Auffassungsunterschiede bestehen auch betreffend der Zeit- und Systemgrenzen des geprüften Projekts: beispielsweise wäre laut Stellungnahmen des Landes Oberösterreich und der Stadtgemeinde Gmunden die Lokalbahnstrecke auch ohne Durchbindungsprojekt ertüchtigt worden, weshalb diese Kosten nicht dem Gesamtprojekt zugordnet werden dürfen. Ebenso sei es nicht sachgerecht, die Kosten der gesamten Erneuerung der städtischen Infrastruktur unterhalb der Schienen sowie den Neubau der Traunbrücke dem Projekt zuzurechnen. Fragwürdig erscheint auch die Hinzurechnung sämtlicher Bestellerentgelte über die gesamte Laufzeit des Verkehrsdienstevertrages bis 2030. Auf alle Punkte hier einzugehen würde den Rahmen sprengen, wir beschränken uns daher im Folgenden auf die Fahrgastentwicklung und die Empfehlungen des RH zur aus RH-Sicht zeitnah erforderlichen Vollendung der Traunseetram.

Ziel und Auftrag der Landesstrategie war die Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs, um damit den landesweiten Trend zur ungebremsten Zunahme des motorisierten Individualverkehrs zu bremsen und eine zumindest teilweise Verlagerung der Mobilität zum öffentlichen Verkehr zu erreichen. In allen zugrundeliegenden Beschlüssen wurde dieses Ziel auch festgehalten. Der RH hob positiv hervor, dass sich das Angebot des öffentlichen Verkehrs im Stadtgebiet von Gmunden (in Fahrzeugkilometern pro Jahr) mit der Inbetriebnahme der Traunseetram um rund 28,5 % steigerte.

„Dennoch konnte die Traunseetram die angestrebten Fahrgastzahlen im ersten Betriebsjahr nicht erreichen“, ist im Bericht des RH zu lesen. Tatsächlich nutzten im ersten „echten“ Jahr (ohne Freifahrt nach der Eröffnung) seit der Fertigstellung des Durchbindungsprojekts im Zeitraum Oktober 2018 bis September 2019 durchschnittlich rund 2.260 Fahrgäste pro Werktag die Traunseetram (erhoben über die in den Fahrzeugen befindlichen automatischen Zählanlagen). Das ist deutlich mehr als die im RH-Bericht als Maßstab für Regionalbahnen angeführte „Adäquanzgrenze der ÖBB für Nebenbahnen“ von 2.000 Fahrgästen pro Tag. Land Oberösterreich und Stadtgemeinde Gmunden streben nach wie vor in etwa eine Verdoppelung der zuvor in der Gmundner Straßenbahn und der Lokalbahn Gmunden – Vorchdorf erreichten Fahrgastzahlen an, also eine Steigerung von insgesamt 1.660 Fahrgästen pro Werktag (vor Realisierung der Durchbindung) auf 3.330 Fahrgäste pro Werktag. Allerdings nicht im ersten Betriebsjahr, sondern bis zum Jahr 2025, wie in den Prognosemodellen klar ersichtlich.

Weiters hob der RH kritisch hervor, dass die Fahrgastzahlen deutlich unter der Leistungsfähigkeit von Straßenbahnsystemen – mit 20.000 bis 100.000 Fahrgästen pro Tag – lägen. Solche Vergleiche sind jedoch unsachlich und unpassend: Es stand nie zur Debatte, ein neues Straßenbahnsystem zu errichten, sondern es war das Ziel, zwei unsynergetisch betriebene, für die Fahrgäste außerhalb ihres Zieles endende Bahnlinien so zu verbinden, dass die Gmundner Innenstadt, die Bezirkshauptmannschaft, das Gymnasium und der ÖBB-Bahnhof aus der Region Vorchdorf besser erreichbar werden. Tatsächlich macht ja die Neubaustrecke nur 4,5 % der Gesamtstreckenlänge aus. Das tatsächliche Ziel, für Bewohner und Pendler der Umlandgemeinden Verbesserungen bei der Erreichbarkeit der Gmundner Innenstadt mit umweltfreundlichen elektrischen Verkehrsmitteln zu ermöglichen, wurde erreicht, wiewohl auch aus unserer Sicht noch lange nicht optimal. Gut vergleichbar wäre die Traunseetram beispielsweise mit der aus dem Zusammenschluss der Trogenerbahn mit der Gaiserbahn entstandenen Stadt-Regio-Tram Trogen – St. Gallen – Appenzell in der Schweiz oder mit der in das Nordhäuser Straßenbahnsystem eingebundenen Harzquerbahn-Eisenbahnstrecke Nordhausen – Ilfeld in Deutschland. Der RH hielt auch fest, dass das von einer politischen Gruppierung vorgelegte „Alternativkonzept eines Hybridbussystems“ lediglich aus einem Fahrzeug-Datenblatt eines Omnibusherstellers bestand und als solches keinen Lösungsansatz bot.

Der RH würdigte den Beitrag des Vereins Pro Gmundner Straßenbahn mit 100.0000 EUR positiv, weil er den unmittelbaren Vereinsgegenstand unterstützte und die von der Stadtgemeinde Gmunden zu leistenden Finanzierungsbeiträge verringerte: „Der Kostenbeitrag des Vereins führte zu einer tatsächlichen Verringerung der Kostenbeiträge der Stadtgemeinde Gmunden. Alle weiteren erhofften Kostenbeiträge im Gesamtvolumen von 1,12 Mio. EUR konnten nicht realisiert werden.“

Hierzu ist anzumerken, dass weitere 30.000.- EUR, die der Verein Pro Gmundner Straßenbahn zugunsten der Stadt Gmunden (für Öffentlichkeitsarbeit und Gestaltung Rathausplatz) bereitzustellen sich bereit erklärt hatte, dortseits nicht abgerufen wurden.

Empfehlungen des RH

Der RH merkte kritisch an, dass auf der Homepage der Stadt Gmunden keinerlei Hinweise zur Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln, wohl aber für die Anfahrt mit dem Auto zu finden seien. Er empfahl dem Land Oberösterreich und der Stadtgemeinde Gmunden, in Abstimmung mit dem OÖVV die am besten geeigneten Maßnahmen zur Steigerung der Fahrgastzahlen zu erheben und diese sodann raschestmöglich umzusetzen. Neben den Bürgerinnen und Bürgern wären verstärkt Touristen als Zielgruppe der Traunseetram anzusprechen und auf die gute Erreichbarkeit des Stadtzentrums von Gmunden mit öffentlichen Verkehrsmitteln durch die Anbindung der Traunseetram an den überregionalen öffentlichen Verkehr hinzuweisen. Beispiele, wie man so etwas macht, finden sich bei allen Gemeinde-Homepages entlang der Vinschgerbahn in Südtirol. Der RH erachtete die Planungen zur Erweiterung der Traunseetram von Gmunden nach Laakirchen bzw. Altmünster für grundsätzlich zweckmäßig. Allein mit der Anbindung von Laakirchen würde laut Potenzialanalyse die Fahrgastnachfrage pro Werktag auf 4.280 Fahrgäste steigen.
Der RH empfahl, ehestmöglich für die Finanzierung der für einen optimalen Betriebsablauf der Traunseetram noch zu realisierenden Projektkomponenten zu sorgen, wobei folgende Projektkomponenten noch ausständig sind:

  • Derzeit besteht das Taktangebot in Gmunden aus einem alternierenden 10- und 20-Minuten-Takt. Die Errichtung einer Ausweiche zwischen den Haltestellen Kirchham Ort und Laizing (km 10,1 – 10,4) würde einen einheitlichen 15-Minuten-Takt im Innenstadtbereich von Gmunden ermöglichen. Immerhin wurden im Sommer 2020 mit dem Aufstellen von neuen Fahrleitungsmasten erste Vorarbeiten für den zweigleisigen Abschnitt durchgeführt. Dessen weitere Finanzierung befindet sich gegenwärtig in Abstimmung zwischen Bund und Land Oberösterreich.
  • Adaptierung der Haltestellen Gschwandt, Kirchham Bahnhof und Vorchdorf, um eine barrierefreie Nutzung gemäß Bundes–Behindertengleichstellungsgesetz zu ermöglichen und die Erreichbarkeit zu verbessern.
  • Errichtung einer Park & Ride–Anlage im Bereich der Haltestelle Engelhof.
  • Um den Substanzwert der neuen Fahrzeuge nicht vorzeitig zu mindern, wäre ehestmöglich für die Finanzierung der Remise Engelhof zu sorgen.

Das Land Oberösterreich und die Stadtgemeinde Gmunden führten in ihren Stellungnahmen aus, die Empfehlungen aufzugreifen. Eine Umsetzung erfolge im Rahmen der Zuständigkeiten der Gebietskörperschaften nach Maßgabe der finanziellen Mittel. Zudem beschäftigt sich ein Expertengremium des Landes mit den Ausbau-Projekten, einer Neugestaltung der Ticket-Preise und regionalen Werbekampagnen.

Westlich des Ortskerns von Kirchham soll eine neue Ausweiche und eine Park & Ride–Anlage errichtet werden, als erste Baumaßnahme wurden im vergangenen Sommer Betonmasten im betreffenden Abschnitt aufgestellt. Foto: Robert Schrempf

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