Das Projekt GM 100 und der Pferdebahnbetrieb

Das Projekt GM 100 und der Pferdebahnbetrieb

Das Projekt GM 100 und der Pferdebahnbetrieb 1024 576 Verein Pro Gmundner Straßenbahn

Der Einsatz des offenen Beiwagens aus Klagenfurt im Jahr 1994 hatte sich als derart öffentlichkeitswirksamer Erfolg erwiesen, dass die Straßenbahn wochenlang Stadtgespräch geblieben war. Der Obmann Dipl.-Ing. Otfried Knoll hatte aber schon früher die Beschaffung eines offenen Sommertriebwagens der Linzer Pöstlingbergbahn ins Auge gefasst. Anfang 1995 wurde dieses Ziel erreicht: In einem von Anbeginn ausgezeichneten Gesprächsklima mit Vorstandsdirektor Dipl.-Ing. Walter Rathberger von den Linzer Verkehrsbetrieben konnte die optimale Lösung gefunden werden: Der Triebwagen IV, Baujahr 1898, wurde der Stadt Gmunden als Dauerleihgabe zur Betreuung durch Stern & Hafferl und den Verein Pro Gmundner Straßenbahn überlassen.

Im Februar 1995 traf der Triebwagen in der Stern & Hafferl-Hauptwerkstätte Vorchdorf ein. Dort wurden mit Finanzierung des Vereines Pro Gmundner Straßenbahn die notwendigen Umbauten für den normalen Straßenbahnbetrieb unter größter Rücksichtnahme auf das historische Erscheinungsbild des Wagens vorgenommen. Der Triebwagen erhielt Magnetschienenbremsen modernster Bauart, der Handradantrieb für die ursprüngliche Zangenbremse dient nunmehr als Betätigung für das Schienenbrems-Schütz. Es wurden ein elektronischer Umrichter sowie eine Batterie für die Schienenbremse und zusätzliche Lichtstromkreise eingebaut. Die Doppelspurkränze der Pöstlingbergbahn mussten entfernt und auf das gmundner Radreifenprofil abgedreht werden, weiters wurden altösterreichische Dachsignale und die historisch passenden Scheinwerfer sowie Winkerlampen und Winkerschalter montiert. Markanteste Änderung waren der Aufbau eines drehbaren Lyra-Stromabnehmers und schließlich die Neulackierung in karminrot/weiss mit der Nummer 100. Da sich der Wagen in tadellosem Allgemeinzustand befand, die Aufsichtsbehörde ständig vom Fortgang der Arbeiten informiert war und auch sonst keine Probleme auftraten, verlief der Umbau reibungslos. Die Stern & Hafferl – Werkstätte Vorchdorf arbeitete mit steigender Begeisterung derart hochwertig, dass in den Folgejahren auch mehrere Nostalgiebahnen ihre Fahrzeuge in Vorchdorf restaurieren ließen. Damit war auch für Stern & Hafferl ein neues, hochinteressantes Geschäftsfeld entstanden.

Zur Inbetriebnahme des Triebwagens 100 wurden aber noch weitere „Unmöglichkeiten“ vorbereitet: Allseits keimten 1995 Revitalisierungspläne für die Pferdeeisenbahn Budweis-Linz-Gmunden auf. Während anderenorts ein nachgebautes Trassenstück entstand, wird zwischen Gmunden Seebahnhof und Engelhof die historische Pferdebahntrasse von den Zügen der Traunseebahn auch heute noch befahren. Aus verschiedenen Gründen (damals noch Dreischienengleis, Querschwellen- Oberbau, dichter Betrieb, 35%o Steigung) eignet sich die Trasse heute aber nicht mehr für Pferdebetrieb. Trotzdem hat Gmunden als Ausgangspunkt dieser ersten Eisenbahn Kontinentaleuropas besondere Bedeutung. Um dies zu unterstreichen und die Stadt Gmunden neuerlich als interessante Destination zu positionieren, wurde anlässlich der Inbetriebnahme des Triebwagens 100 ein Fest der Superlative mit kurzzeitiger Revitalisierung der Pferdebahn auf der Straßenbahnstrecke geplant. Dabei wurde betont, keinen Anspruch auf historische Genauigkeit des Pferdebahnbetriebes zu erheben, aber Pferdebahnbetrieb zum Anfassen zu präsentieren, um das Erlebbare zum Kristallisationspunkt weiterführender Revitalisierungsüberlegungen werden zu lassen. Dazu wurde der Klagenfurter Beiwagen 101 nochmals aus dem Museum Historama in Ferlach geholt und mit zwei schweren Noriker-Pferden bespannt. Diese gehörten Franz Kronberger, vulgo „Karl z’Neuhub“, den mit Obmann Dipl.-Ing. Otfried Knoll seit der Einrichtung seiner ebenso benannten Haltestelle an der Traunseebahn ein sehr gutes Verhältnis verband.

Am 30. Juni 1995 fand die feierliche Inbetriebnahme des „neuen“, 97-jährigen Sommertriebwagens GM 100 durch den Bürgermeister der Stadt Gmunden, den Vorstandsdirektor der Linzer ESG und den Obmann des Vereines Pro Gmundner Straßenbahn statt mit hunderten Gästen statt. Den ganzen Nachmittag über waren die Fahrten des klagenfurter Beiwagens 101 als Pferdebahn auf der Esplanade ausgebucht. Am Abend kam es dann zur sensationellen Fahrt der offenen Sommerwagen GM 100 + 101 auf der Gesamtstrecke, samt Anfahrt in der 100 ‰ – Steigung. In der Nacht sorgte die Sängerin Dana Gillespie beim Remisenfest mit und hunderten Fans für Begeisterung. Am 1. Und 8. Juli 1995 wurden die Pferdebahnfahrten fortgesetzt.

Die Inbetriebnahme des Triebwagens 100, die Pferdebahnfahrten entlang der Esplanade und die einmaligen Fahrten des Zuges Triebwagen 100 + Beiwagen 101 über die Gesamtstrecke der Straßenbahn erregten ungeheure Aufmerksamkeit in der Fachwelt. Sie verstärkten neuerlich das inzwischen sehr positive Bild, das Gmunden nun von seiner Straßenbahn hatte. Wieder hatte der Verein Pro Gmundner Straßenbahn unter Einbeziehung namhafter Sponsorgelder, nicht zu vergessen aber auch mit Unterstützung der Stadt Gmunden und der Firma Stern & Hafferl, einen wesentlichen Schritt zur Positionierung der Straßenbahn im Stadtgeschehen ermöglicht. Die nunmehr zwei historischen Triebwagen 100 (Bj. 1898) und 5 (Bj. 1911) werden seither in Abstimmung mit den Veranstaltungen der Stadt Gmunden planmäßig im Nostalgieverkehr eingesetzt.

    Newsletteranmeldung

    Wir informieren Sie regelmäßig über Schienenersatzverkehre, Angebote und Sonderfahrpläne sowie Aktuelles aus dem Unternehmen.

    weiblichmännlich